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Der Haftrichter

Der Haftrichter, der auch als Untersuchungsrichter oder Ermittlungsrichter bezeichnet werden kann, ist eine richterliche Amtsperson, die im Rahmen von strafrechtlichen und strafprozessualen Ermittlungsarbeiten tätig werden kann. Bestimmte Handlungen unterliegen dem Vorbehalt, dass sie von einem Richter angeordnet werden müssen. Solange ein Hauptverfahren noch nicht anberaumt ist, gibt es noch kein zuständiges Gericht, weshalb der beim Amtsgericht eingesetzte Ermittlungsrichter derartige richterliche Handlungen vornimmt. Haftrichter sind beispielsweise zuständig, wenn ein Haftbefehl erlassen wird. Bei Ergreifen des Flüchtigen ist dieser wiederum unverzüglich einem Haftrichter vorzuführen. Der Haftrichter ist auch zuständig, wenn bei einer angeordneten Untersuchungshaft eine Haftprüfung über deren Fortdauer durchzuführen ist. Im Falle der Untersuchungshaft hat der Haftrichter im Übrigen nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO einen Rechtsanwalt bzw. Strafverteidiger als Pflichtverteidiger beizuordnen. Aber auch andere gravierende Ermittlungsmaßnahmen, wie etwa Hausdurchsuchungen, müssen von einem Richter bzw. Haftrichter angeordnet werden. Ausnahmen von der richterlichen Anordnung bestehen nur bei einer besonderen Gefahrenlage, die sofortiges Handeln der Ermittlungsbehörden verlangt.

Hinweis: Die obigen Ausführungen stellen keine Rechtsberatung dar, sondern haben lediglich einen informativen Charakter.

Beiordnung eines neuen Verteidigers kann interessenwidrig sein

Der Bundesgerichtshof in Strafsachen entschied jüngst durch Urteil über die hinreichende Verteidigung in einer Pflichtverteidigersache, in der der Angeklagte kurzfristig und für einen Verhandlungstag durch einen anderen als den bestellten Verteidiger vertreten wurde. Die Sache, die im Wesentlichen Bezug zu den §§ 140, 145 Abs. 1 StPO hat, beruhte auf folgendem Vorlauf: Gegen den später verurteilten Angeklagten wurde ein landgerichtliches Verfahren geführt, dass mit einer Verurteilung wegen Beihilfe zur veruntreuenden Unterschlagung gem. § 246 Abs. 2 StGB endete.

Am vierten Tag der Hauptverhandlung erschien der Pflichtverteidiger des Angeklagten nicht, da er sich aus gesundheitlichen Gründen ärztlich untersuchen lassen musste. Zunächst war davon ausgegangen worden, dass die Verhandlung, die um 9.10 Uhr begonnen hatte und um 9.12 Uhr unterbrochen worden war, dann nach der ärztlichen Untersuchung um 11.00 Uhr fortgesetzt werden könne. Der Pflichtverteidiger konnte allerdings auch im Weiteren nicht vor Gericht erscheinen. Es stand die Vernehmung eines Zeugen an, der aus dem Ausland angereist war. Mit Einverständnis des Angeklagten wurde für diesen Tag dann durch das Gericht ein anderer Verteidiger beigeordnet. Der nunmehr beigeordnete Verteidiger nahm keine Einsicht in die Verfahrensakte und führte vorab lediglich ein kurzes Gespräch mit seinem Mandanten. Die durch eine Dolmetscherin begleitete Vernehmung des Zeugen wurde wortwörtlich in das gerichtliche Protokoll aufgenommen. Fragen richtete der für diesen Prozesstag beigeordnete Verteidiger nicht an den Zeugen.

Der ursprüngliche Pflichtverteidiger nahm dann an allen weiteren Prozesstagen wieder selbst teil. Er stellte einen Antrag auf erneute Vernehmung des Zeugen, was jedoch vom Gericht mit Hinweis auf § 244 Abs. 5 StPO abgelehnt wurde.

Der BGH stellte nun fest, dass die Ablehnung einer erneuten Vernehmung des Zeugen die Verteidigung des Angeklagten unzulässig beschränkt habe und den Erfordernissen des § 145 Abs. 1 S. 2 StPO entgegenstehe. Diese Normierung sieht vor, dass bei Ausbleiben des Verteidigers die Verhandlung ausgesetzt werden kann. Andererseit kann das Gericht aber auch „sogleich“ einen neuen Verteidiger bestellen. Insoweit muss das Gericht eine Ermessenabwägung und –entscheidung fällen, ob der Kontinuität der Verteidigung oder aber dem reibungslosen Fortgang der Verhandlung der Vorzug zu geben ist. Der BGH hat in diesem Fall darauf erkannt, dass die Beiordnung eines neuen Verteidigers als interessenwidrig anzusehen ist und stattdessen eine Unterbrechung der Hauptverhandlung hätte durchgeführt werden müssen. In Anbetracht dessen, dass der neue Verteidiger keine Gelegenheit hatte, sich in den umfangreichen Stoff einzuarbeiten und lediglich ein kurzes Gespräch mit dem Angeklagten stattgefunden hatte, konnte nicht gewährleistet werden, dass der neue Verteidiger auf einen ausreichenden Wissensstand kommen konnte, um die Zeugenvernehmung auch ausreichend vornehmen zu können. Entsprechend hält der BGH fest, dass nur dann eine gesetzeskonforme Verteidigung vorliegt, wenn der Verteidiger den Stoff ausreichend beherrscht. Zu beachten war dabei indes, dass die Erkrankung des eigentlichen Verteidigers nicht langwierig erschien und der Zeuge auch von der Verteidigung beantragt worden war. Es kam bei der Entscheidung weder darauf an, dass der Ersatz-Verteidiger keine Bedenken geäußert hatte noch, dass dies nicht durch den Angeklagten geschehen ist (BGH 2 StR 113/13 vom 20.06.2013).

Hinweis: Die obigen Ausführungen stellen keine Rechtsberatung dar, sondern haben lediglich einen informativen Charakter.